Eigentlich wollte ich nach drei Wochen Berufsschule den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Stattdessen knirscht unter meinen Füßen der Schnee, neben mir strömt die Saar und irgendwo im Hinterkopf hör ich Mama „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung“ schimpfen. Wobei sie auch am lautesten lacht, wenn Chevy Chase‘ Tochter in „Schöne Bescherung“ auf der Suche nach dem perfekten Weihnachtsbaum die Augen zufrieren.
Nennt mich Esel, Meckern auf hohem Niveau kann ich gut. Eigentlich sind wir Glückspilzchen: Als unsere Lieblings-Jungs Sascha und Torsten uns Mitte der Woche verkünden, wir hätten die letzten zwei Tickets für das Food.Blog.Meet. SPEZIAL am Wochenende gewonnen, ließen wir uns nicht zweimal bitten. Spontanität gehört schließlich zu unseren soft skills: Gefühlt Minuten (*zwei Tage*) nach den Neuigkeiten sitzen wir im BlaBlaCar, Schönheitsschlaf in Saarbrücken inklusive, und stehen nahezu überpünktlich unter drei gigantischen Elchköpfen im Empfangssaal des Schloss’ Saareck .
Hier, im zwischen 1902 und 1903 in Mettlach erbauten Schloss, das zwischendurch als Lazarett den Zweiten Weltkrieg überlebte und den Besatzungstruppen als Verwaltungsgebäude diente, bewirtet Villeroy & Boch, Mit-Sponsor der Veranstaltung, seit 1954 seine Gäste. In einer weitläufigen Parklandschaft an den Ufern der Saar gelegen trifft man im Inneren auf heimelige Rustikal-Romantik, gutsherrlichen Landhaus-Charme (Elche. Elche everywhere.) und dann war da auch noch diese Palmen-Tapete, die schon im Schloss hing, noch bevor Palmwedel verdammt cool waren.
Pünktlich um 12 Uhr knallen die ersten Korken, nach wundervoll herzlicher Begrüßung durch die Veranstalter Sascha und Torsten, Theres und Benni von Gerne Kochen und Simone von Villeroy & Boch starten wir leicht angetütert das erste Food.Blog.Meet. diesen Jahres.
Ginge es nach mir, hätte ich schon längst einen Kartoffelacker hinter der Hütte, aber das verstößt wahrscheinlich gegen die Eimsbüttler Flyness. Als bekennendes Kartoffel-Kid schwebe ich darum beim anschließenden Lunch im siebten Kartoffel-Himmel, als ein Teller voll goldig-dampfender Kartoffelpuffer vor meiner Nase auf den Tisch gleitet.
Beim Food.Blog.Meet. gibt’s auch diesmal Workshops galore. Im Back-Imperium im Untergeschoss laufen die Kenwood-Küchenmaschinen heiß, wir schälen Karotten, rubbeln Ingwer, verschwinden im Mehl-Stau und irgendwo hält immer irgendwer seine Kamera über die Schüssel. Man möchte meinen, man hätte es nicht mit Essen, sondern einem boxenden Papst in Badebuchse zu tun.
Mit bestem Fleisch aus nachhaltiger, artgerechter Haltung und regionalen Produktionsstellen möchte uns gleich darauf nebenan David Schrand von eatventure begeistern. Die Leidenschaft für gutes Fleisch, exotische Geschmäcker und das Interesse für dessen Herkunft haben ihn schon seit kleinem Steppke fest im Griff. Aus dieser Liebe zum Umami wuchs schließlich der Qualitäts-Fleisch-Versandshop eatventure. Gemeinsam mit Partnerin Greta Wagener, stellt er uns drei der zahlreichen Produkte vor und gibt außerdem hilfreiche Tipps zur richtigen Verarbeitung am heimischen Herd.
Ich als eher fleischlos-Glückliche bin hier passiv unterwegs, habe allerdings auch schon genug damit zu tun, mein imaginäres Kanu durch den Strom von Chiaras Sabberfluss zu navigieren.
Nach dem Essen ist ja sowieso vor dem Essen, warum also Pause machen? Spätestens seit ich die Gläser mit den sauren Gummi-Tierchen im Zimmer mit den Hipster-Palmen entdeckt habe, ist meine Bikini-Figur ohnehin über’n Jordan.
Tischmanieren sind nicht jedermanns Sache. Ich persönlich schaffe es seit 22 Jahren konsequent mich bei jedem Essen einzuklecksen. Nennt mich zurückgeblieben, vor einigen hundert Jahren war das nämlich auch nicht anders, mit dem Unterschied, dass ich damals mit einer Gabel endlich auch bei den coolen Kids hätte sitzen und mir mit dem Tischtuch einmal quer über die Schnute hätte wischen können. Das und den ein oder anderen Fun-Fact mehr zur europäischen Tischkultur hat Beatrice Schaar (Villeroy & Boch) für uns, während sie freudestrahlend zwischen den Tischen hindurch tänzelt und dabei einem Burgfräulein gepflegt den Rang abläuft. Völlig verzückt wäge ich gedanklich ab, ob ein Kidnapping-Versuch wohl durchgehen würde.
Zu Gin Tonic sagen wir grundsätzlich nicht Nein. Nennen wir es Einstellungskriterium. Am Abend hängen Chiara und ich allerdings so komatös in den Wolkenartigen Ohrensesseln im Kaminzimmer, dass wir es gerade so schaffen das Wasserglas anzuheben. Zumindest entkommen wir dem Brummschädel am nächsten Tag – so lassen sich die Marzipan-Verkostung von Lauenstein und das tolle Rapsöl, das uns Anja Gründer von ufop vorstellt, besser genießen.
Definitiv Höhepunkt des Treffens ist der Besuch des Villeroy & Boch Erlebniszentrums auf der gegenüberliegenden Uferseite der Saar. Für meine eigenen Vier-Wände hab ich seitdem nur noch halb vorwurfsvolle Blicke übrig. Wo ist der schnieke Stuck an MEINER Decke? Mosaikfliesen unter den Schuhen? Mops-Vasen? …Okay, streicht das, aber Stuck!Jetzt muss ich doch Prinzessin werden.
Nur zwei Tage und doch so viel passiert, ich könnte ewig schnacken. Stattdessen mach ich’s einfach mal wie Mönch Benedict von Nunzia 600 nach Christus und der gefühlt ersten Tisch-Knigge der Welt: Hinsetzen, Maul halten, Maß halten!
Vielen Dank für das wunderbare Wochenende und die vielen lieben Menschen, mit denen wir schlemmen durften!