Ein tiefes Grollen vibriert durch meine Birkenstock-Sohlen. Mit einem beherzten Backflip springe ich noch rechtzeitig zur Seite, als unter meinen Füßen eine riesige Erdbeere aus dem Boden bricht. Noch beim Aufstieg wirft mir der Insasse ein Schild an den Kopf – “Erdbeeren direkt vom Feld, ungespritzt, bio, vegan und glutenfrei juhuu” – das sich elegant entfaltet und einer Oma den Weg in den Edeka versperrt. Tja, da kann man nichts machen, sagt Oma, Beschneidung der Konsumfreiheit kennt sie schon, drückt dem Individuum hinter der Auslage fünf Reichsmark in die Hand und bekommt dafür zwei glutenfreie Erdbeeren. Subtil, denke ich, bevor Oma und ich im nächsten Moment von der Menschentraube davon gespült werden, die sich um die Erdbeerbude bildet wie beim Sturm auf Area 51.
Man könnte meinen die Erdbeersaison besäße den Seltenheitsfaktor eines Seehofer-Polit-Statements mit Niveau. Ich bezweifle, dass der Hype größer wäre, wenn es die Beatles noch gäbe #soyesterday. Neulich habe ich gesehen, wie eine Frau ihren BH durch die Fenster eines Erdbeehäuschens schleuderte und danach unkontrolliert weinend zusammenbrach, bis die Security sie aus der ersten Wave und raus auf den freien Gehweg zog. (Der Frau geht es mittlerweile wieder gut. Mit Hilfe von Familie und RTL hat sie ihre Obsession überwunden und ist nun gemäßigtere Birnenpflückerin.)
Dabei sind Erdbeeren nicht mal richtige Beeren, sondern Scheinfrüchte, diese Faker. Botanisch viel relevanter sind die kleinen gelben Kerne, aber die Menschheit beschäftigt sich nunmal gerne mit Nebensächlichkeiten, darum passt der neue “Die besten 1000-Erdbeer-Rezepte – noch geiler als letztes Jahr!!!!”-Brigitte-Artikel schon.
Und Hand auf die Side-boob – wir sind Mitläufer und haben auch unsere Tarte dazuzugeben. Den Hype nutzen, solange er noch frisch ist, nech?
So, Ihr habt jetzt hier das Rezept und könnt damit rumpantschen, wie Ihr lustig seid. Ich geh mich um meine Birnen kümmern. Die sind bald reif zum pflücken.